Liebe Freunde im Herrn,
mein letzter Brief war am Anfang der Fastenzeit: Jetzt ist der Sommer schon da! Die letzten Monate waren sehr voll und gesegnet.
Im März durfte ich meine jährlichen, 8-tägigen geistlichen Exerzitien (eine Art langen Einkehrtags) verrichten. Es was besonders schön und bereichernd, da dies jetzt das erste Mal seit drei Jahren war, dass ich diese Exerzitien in einem richtigen Exerzitienhaus statt pandemiebedingt bei uns zu Hause erleben konnte. Das macht für einen echten Unterschied!
Die nachpandemische Freiheit hat es auch ermöglicht, dass ich in Mexiko in der Fastenzeit einen Einkehrtag für Laien „live“ und mit der Anwesenheit der Teilnehmer predigen konnte. Da habe ich eine große Sehnsucht nach geistlichem Auftanken bei vielen gespürt und erlebt. Auch in der Feier der verschiedenen Gottesdienste in der Karwoche war es klar, dass viele Menschen zurück zur gemeinschaftlichen Teilnahme an der Liturgie finden.
Die Wochen vor der Karwoche sind seit mehreren Jahren der Moment, in dem wir eine Sachspendenkampagne für eine sehr arme Nachbarpfarrei organisieren. Wie auch letztes Jahr hat der Pfarrer, der Padre Pablo aus Spanien, uns um gebrauchte Schuhe gebeten. Am Gründonnerstag wäscht er hunderten von Armen die Füße und schenkt jedem ein Paar gebrauchter Schuhe in gutem Zustand. Da viele Obdachlose in der Gegend sind, sorgt das für große Freude: Ich lasse aber die Bilder für sich sprechen!
Weiterhin in Mexiko: Die Gründung der Niederlassung von KANELA als Stiftung nach mexikanischem Recht steht kurz vor. Ich habe es lange Jahre vermieden, wegen des ungeheuerlichen Ausmaßes der Bürokratie seitens der mexikanischen Steuer- und Stiftungsbehörden. Um Ihnen eine Idee zu verschaffen, kann ich es mit dem deutschen Vereinsrecht vergleichen. In Deutschland unterbreiten wir als gemeinnütziger Verein einmal im Jahr unsere Buchhaltung freiwillig einem unabhängigen Steuerberater und melden uns pflichtgemäß einmal alle drei Jahre beim zuständigen Finanzamt. Als gemeinnütziger Verein bzw. Stiftung mexikanischen Rechtes hingegen, müssen wir einen hauptamtlichen Rechnungsprüfer anstellen und jeden Monat eine ausführliche Steuererklärung einreichen! Man muss auch jederzeit bereit sein, sich einer Untersuchung seitens der Steuerbehörden sowie der Vereinsbehörden zu unterwerfen (was auch in der Tat häufig geschieht).
Nichtsdestotrotz lässt sich jetzt die Gründung eines mexikanischen gemeinnützigen Vereins nicht mehr hinausschieben. Zum einen: Während der Pandemie hat unser Fundraising innerhalb von Mexiko stark zugenommen, um vor allem mexikanischen Priestern zu helfen, deren Einkommen durch die Lockdowns eingebrochen war, oder bei denen, die wegen langer Krankenhausaufenthalte Schulden hatten.
Zum Anderen: Eine mexikanische Rechtsform wird uns ermöglichen, ein neues Projekt zu Gunsten des mexikanischen Klerus anzufangen. Wir sind jetzt fast so weit, eine Krankenkasse für Priester in Mexiko zu gründen. Das ist ein Bedürfnis, das ich auf brutaler Weise während der Pandemie zu spüren bekam. Die einzigen Priester (und Bischöfe!), die ich persönlich kenne und die während der Pandemie an Corona oder an dessen Folgen gestorben sind, teilen sich in zwei Kategorien. Auf der einen Seite die, die wegen der fehlenden Krankenversicherung in mangelhaften Krankenhäusern behandelt wurden. Auf der anderen Seite die, die in gar kein Krankenhaus gegangen sind oder erst im letzten Augenblick der Krankheit zum Arzt gegangen sind, weil sie sich vor den hohen Ausgaben gefürchtet hatten. Ich kenne auch Fälle, wo der Priester überlebt hat, befindet sich aber jetzt mit Krankenhausschulden in mehrerer Zehntausendeuro-Höhe.
Vieles von all dem hätte sich einfach vermeiden können, hätten die Priester eine gescheite Krankenkasse gehabt. Nach Monaten von Gesprächen mit den größeren Krankenkassen des Landes stellt sich heraus, dass die Entwicklung eines Planes für Priester weder sehr kompliziert noch sehr teuer wäre (die jährliche Prämie für eine sehr gute Krankenversicherung, auch unabhängig vom Alter des Priesters, würde sich auf ungefähr 850€ im Jahr!). Dafür ist aber ein rechtlicher Träger erforderlich, und aus diesem zweiten Grund lässt sich trotz aller bürokratischen Kopfschmerzen die Gründung eines gemeinnützigen Vereins jetzt nicht mehr vermeiden! Ich bitte um Ihr Gebet für dieses Unterfangen, dass es so schnell wie möglich geht und dass wir dadurch vielen bedürftigen Priestern helfen können!
Mit Bezug auf den KANELA-Verein in Deutschland habe ich ein bisschen Zeit im April dazu gewidmet, unsere verschiedenen Zahlungssysteme aufzubessern. Eigentlich ohne Ausnahme verlangen Banken in Deutschland für Auslandsüberweisungen erhebliche Gebühren. Für einige unserer Begünstigten, besonders in El Salvador und Mexiko, haben wir sehr kostengünstige und transparente Alternativen gefunden; bei den meisten Ländern aber geht das nicht. Ich habe jetzt mehrere Versuche bei anderen Zahlungsservices vollzogen und bin jetzt dabei, die Ergebnisse zu vergleichen. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, diese Gebühren so gering wie möglich zu halten, damit unsere Begünstigten soviel Unterstützung wie möglich erhalten!
Seit meinem letzten Brief hat sich in Afrika wohl einiges getan. Die Glaubensschule hat zu unterrichten (und dadurch zu existieren) angefangen in der Erzdiözese von Dar es Salaam (Tansania), in der Diözese von Soroti (Uganda) und in der Diözese von Jalingo (Nordostnigeria). Eine sehr gute Nachricht! Ich habe auch die Verwaltung der englischsprachigen Niederlassungen der Glaubensschule von Mexiko in die USA verlegt, was sich sowohl vom sprachlichen als auch vom „bürokratischen“ als praktischer erweist. Frau Veronica Aguilar, unsere Referentin für die Betreuung der neuen Niederlassungen, bleibt auch mit den anderen Diözesen in Kontakt, die den Schritt noch nicht geschafft haben, die erwünschten Unterrichte anzufangen. Noch ein Gebetsanliegen für Sie!
Einen Großteil von diesem Brief habe ich von unterwegs in Nordwestmexiko geschrieben, wo wir gerade die Anbaupläne für die neue Saison entwickeln. Die Chilischoten-Ernte hat letztes Jahr recht gut geklappt und ich versuche das Team zu überzeugen, das Projekt auf 10 Hektar auszuweiten. Das würde viele weitere arbeitslose Menschen beschäftigen. Mein Team ist aber besonders vorsichtig, weil das Jahr 2021 so schrecklich war und wir die ganze Ernte verloren haben (da die Grenze zu den USA wegen der Pandemie geschlossen war). So ein Projekt zu organisieren ist doch eine heikle Angelegenheit: Es ist teuer, man kann das Wetter nicht ganz vorhersehen, es sind ja viele Faktoren. Mal schauen, was die Vorsehung vorhat!
Ich beende mit einer erfreulichen Nachricht: Im September feiere ich – so Gott will – den 25. Jahrestag meiner ersten Ordensprofess. Trotz der Überraschungen der Geschickte und einiger echten Schicksalsschläge zeichnet sich immer noch jener Septembertag im 1998 aus, als den schönsten Tag meines Lebens! Ich möchte Sie schon dazu einladen, mich zum Anlass dieses Jubiläums mindestens geistlich zu begleiten. Für die, die in Mexiko sein können, wird die feierliche Dankmesse am Dienstag, dem 5. September in der Altbasilika von unserer lieben Frau von Guadalupe stattfinden. Vier Tage später (am Samstag, dem 9. September) werde ich eine zweite feierliche Dankmesse um 18 Uhr in der Asamkirche zu München zelebrieren. Diese schöne Fügung schulde ich der Tatsache, dass ich genau in der Zeit wegen Vereinssachen in Deutschland sein muss. Vielleicht sehen wir uns? Sie sind herzlich eingeladen!
Und jetzt, mit meinem Gebet für Sie, Ihre Familien und Anliegen, verabschiede ich mich...
Ihr Bruder im Herrn
P. Robert
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